NEU: Fachärzt:in für Allgemein- und Familienmedizin in Österreich – was kann die neue Ausbildung bringen?
27. Juni 2025 | Zuletzt aktualisiert am 02. Juli 2025

Als Expertin für Ärzteausbildung und begeisterte Verfechterin einer praxisnahen, zukunftsorientierten Ausbildung freue ich mich, Sie heute auf eine Reise durch das „brandneue“ Fachgebiet Allgemein- und Familienmedizin (AFM) in Österreich mitzunehmen 😄.
Fachärzt:innen für Allgemein- und Familienmedizin gibt es ja seit 01.01.2025. Allgemeinmediziner:innen mit ausreichend Berufserfahrung können bei der Ärztekammer für die Anerkennung als Fachärzt:in ansuchen. Die neue Ausbildung zum FA AFM startet mit Juni 2026. Noch fehlt die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) für die fachlich-inhaltliche Umsetzung. Doch einiges ist bereits festgelegt.
👩⚕️ Warum der neue Facharzt „Allgemein- und Familienmedizin“?
Der Schritt, die Allgemeinmedizin neu zu definieren und zur Allgemein- und Familienmedizin zu erweitern, ist nicht nur kosmetisch. Nein, er spiegelt die Realität moderner Hausarztpraxis wider: Sie betreuen nicht nur Einzelpersonen, sondern ganze Familien, von der Großmutter bis zum Nesthäkchen. Diese Wandlung fordert eine gebündelte Expertise – von Prävention über Multimorbidität bis Gesundheitsförderung im gesamten Lebenszyklus. Sie, liebe Kollegin, lieber Kollege, meistern damit das Kunststück, gleichzeitig Mediziner:in, Psycholog:in, Gesundheitsmanager:in und Vertrauensperson zu sein.
Ausbildung neu gedacht – Erwartungen an die Curricula
Die Curricula der neuen Facharztausbildung müssen modular, interdisziplinär und flexibel sein. Warum? Weil eine moderne Generalistin nicht nur über internistische Grundlagen, sondern auch über Pädiatrie, Geriatrie, Psychosomatik und Community Health Bescheid wissen muss:
- Interdisziplinäre Rotation – Kinderheilkunde neben Geriatrie? Absolut sinnvoll! Sie benötigen Kompetenzen für alle Altersgruppen.
- Community Health – Sie sind nicht nur praxisintern, sondern auch „auf der Straße“ aktiv: Schulen, Gemeinden, Vereine.
- Fächerintegration – Üben Sie sich in diagnostischer Raffinesse: psychosomatisch oder doch internistisch? Ein wohlüberlegtes Kapitel in der Ausbildung! 😊
Das Ziel ist klar: ein Curriculum, das längsschnittlich und situationsbezogen funktioniert – nicht nur als theoretischer Katalog, sondern als lebendiges Handwerkszeug für den Familienalltag.
Kompetenzfelder im Fokus
1. Familienzentrierte Kommunikation 🗣️
Sie lehren und lernen, wie Sie Angehörige mit einbeziehen – ob Sie die Impfung mit Mama abgleichen oder Großvater im Pflegeheim betreuen.
2. Multidimensionale Diagnostik
Ein leichter Haarausfall bei der 30‑Jährigen? Womöglich Schilddrüse, Stress oder Haarpflege. Hier entscheidet sich, ob Ihre Ausbildung mehr Stethoskop oder Sherlock Holmes braucht.
3. Gesundheitsförderung & Prävention
Ernährung, Bewegungsprogramme, Mental Health – ob Sie nun das Bewegungsprogramm für die Familie oder die Impfberatung für Jugendliche moderieren, Sie sind gefragt.
4. Digitalisierung & Telemedizin
Ihre Ordination geht online: Videosprechstunde, digitale Patientenakte, Telemonitoring. Sind Sie bereit, „Alexa, bitte messe meinen Blutdruck“ zu sagen?
Herausforderungen und Humor: Ein Balanceakt
Natürlich darf der Humor nicht fehlen – und wir wissen: Der Alltag in der Hausarztpraxis ist oft stressig. Wer kennt das nicht: Das Telefon klingelt, zeitgleich will die 2‑Jährige erklärt bekommen, warum „Pippi nicht gestern, sondern heute kommt“. Und dann steht da noch der Senior, der plötzlich über Magenbeschwerden klagt – dabei möchte er nur sein Lieblingskrapfenrezept verteidigen 🍩!
Ärzt:innen in der Allgemein- und Familienmedizin brauchen nicht nur medizinisches Wissen, sondern auch Improvisationskunst und Stressmanagement.
Rollenmodelle & Mentoring: Das A und O
Es genügt nicht, Wissen zu vermitteln – genauso wichtig ist das Mentoring. Denn: Kollegiale Begleitung stärkt nicht nur die fachlichen, sondern auch die persönlichen Kompetenzen. Sie haben als erfahrene Ärztin die Rolle, nicht nur Fachwissen weiterzugeben, sondern auch Handgriffe, Haltung, Werte und Haltung in der Begegnung mit Patient:innen. Der Mensch im Mittelpunkt – mit einem menschlichen Mentor an der Seite.
Ausblick: Was bringt die Zukunft?
Sie als Entscheidungsträger:innen und Ausbilder:innen gestalten den Weg:
- Qualität sichern durch strukturierte Curricula.
- Regionale Gesundheitsnetzwerke fördern – besonders im ländlichen Raum fehlt es oft an wohnortnaher Versorgung.
- Forschung & Evaluation: Welche curricularen Module beweisen ihre Wirkung? Wir brauchen evidenzbasierte Ausbildung – aber eben auch mit Herz.
Quintessenz & Appell an Sie!
Sie sind Teil dieser spannenden Entwicklung: Als Fachärzt:innen für Allgemein- und Familienmedizin haben Sie die Chance, die Zukunft der Primärversorgung in Österreich grundlegend mitzugestalten. Gemeinsam:
- bauen wir eine Ausbildung, die klinisch fundiert, psychosozial durchdacht und familienzentriert ist;
- verkörpern wir Lernkultur mit Humor, Empathie und Geduld;
- sichern wir durch Mentoring und Netzwerken eine Versorgung, die menschlich, nah und nachhaltig ist.
Bleiben Sie gespannt und neugierig – denn gerade in der Allgemein- und Familienmedizin gilt:
„Die breiteste Kunst ist die Küche der kleinen Wunder.“
Die Allgemein- und Familienmedizin ist die breiteste und zugleich menschlichste medizinische Kunst – sie vollbringt jeden Tag kleine Wunder im Alltag der Patient*innen. Und Sie, liebe Kollegin, lieber Kollege, sind jene wunderbare Künstlerin, jener wunderbare Künstler 👩🎨👨⚕️.
FAQs
Seit wann gibt es den Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin in Österreich?
Ärzt:innen für Allgemeinmedizin können seit 01.01.2025 für das Sonderfach Allgemein- und Familienmedizin optieren. Dazu braucht es ein Ansuchen bei der Ärztekammer.
Ab wann gibt es die Ausbildung zum Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin?
Die Ausbildung zum Facharzt / zur Fachärztin für Allgemein- und Familienmedizin startet ab Juni 2026. Ausschlaggebend ist der Eintrag in die Ärzteliste. Falls der Eintrag in die Ärzteliste bis zum 31.05.2026 erfolgt, ist die Ausbildung in Allgemeinmedizin möglich
Wie unterscheidet sich die Ausbildung zum Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin von der Ausbildung in Allgemeinmedizin?
Die Ausbildung unterscheidet sich in der Dauer der Ausbildung und im Fächerkanon.
Ausbildungsdauer: Im ersten Schritt, ab 01.06.2026 ist die Ausbildung zum FA AFM um 3 Monate länger als die bis dahin gültige Ausbildung AM. Danach verlängert sie sich jährlich um 3 Monate, bis sie mit 01.06.2030 die angestrebte Länge von insgesamt 60 Monaten, also 5 Jahren erreicht.
Fächerkanon: Hier wird der Spitalsturnus AM (27 Monate) zur Sonderfach-Grundausbildung (33 Monate) und ist, wie bisher, primär intramural zu absolvieren.
Fächerkanon Allgemeinmedizin (ÄAO2015): Ausbildungsbeginn bis 31.05.2026
im 27-monatigen Spitalsturnus sind folgende Sonderfächer-Rotationen verpflichtend zu absolvieren:
- Innere Medizin (9 Monate)
- Kinder- und Jugendheilkunde (3 Monate)
- Orthopädie und Traumatologie (3 Monate)
- Psychiatrie und Psychotherpeutische Medizin (3 Monate)
- Gynäkologie und Geburtshilfe (3 Monate)
Zusätzlich sind 2 Wahlfächer (je 3 Monate) aus folgenden Sonderfächern zu absolvieren:
- Anästhesiologie und Intensivmedizin
- Augenheilkunde und Optometrie
- Allgemein- und Viszeralchirurgie
- Urologie
- Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (3 Monate)
- Haut- und Geschlechtskrankheiten (3 Monate)
Fächerkanon FA AFM (ÄAO2015, 5. Novelle): Ausbildungsbeginn zwischen 01.06.206 und 31.05.2030)
in der 33-monatigen Sonderfach-Grundausbildung sind zu absolvieren:
- Innere Medizin (6 Monate)
- Kinder- und Jugendheilkunde (3 Monate)
- Orthopädie und Traumatologie (3 Monate)
- Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin (3 Monate)
- Neurologie (3 Monate)
- Allgemeinmedizin und Familienmedizin (6 Monate) – in anerkannten Lehr(gruppen)praxen, Lehrambulatorien oder einer Zentralen Ambulanten Erstversorgung (ZAE) zu absolvieren
Zudem sind 3 Wahlfächer (je 3 Monate) aus folgenden Sonderfächern zu absolvieren:
- Anästhesiologie und Intensivmedizin
- Augenheilkunde und Optometrie
- Allgemein- und Viszeralchirurgie
- Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Urologie
- Radiologie
- Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation
- Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
- Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (3 Monate)
- Haut- und Geschlechtskrankheiten (3 Monate)
Fächerkanon FA AFM (ÄAO2015, 5. Novelle): ab 01.01.2030
in der 33-monatigen Sonderfach-Grundausbildung sind zu absolvieren
Verpflichtend:
- Innere Medizin (6 Monate)
- Kinder- und Jugendheilkunde (3 Monate)
- Orthopädie und Traumatologie (3 Monate)
- Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin (3 Monate)
- Neurologie (3 Monate)
- Allgemeinmedizin und Familienmedizin (6 Monate) – in anerkannten Lehr(gruppen)praxen, Lehrambulatorien oder einer Zentralen Ambulanten Erstversorgung (ZAE) zu absolvieren
- Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (3 Monate)
- Haut- und Geschlechtskrankheiten (3 Monate
Zudem ist 1 Wahlfach (3 Monate) aus folgenden Sonderfächern zu absolvieren:
- Anästhesiologie und Intensivmedizin
- Augenheilkunde und Optometrie
- Allgemein- und Viszeralchirurgie
- Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Urologie
- Radiologie
- Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation
- Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
Wie lang sind die einzelnen Ausbildungsabschnitte im Vergleich AM und FA AFM?
Ausbildung Allgemeinmedizin (nach ÄAO2015 bis 4. Novelle)
- Basisausbildung:
9 Monate - Spitalsturnus:
27 Monate - Lehrpraxis:
6 Monate (bis Ausbildungsbeginn 31.05.2022)
9 Monate (ab Ausbildungsbeginn 01.06.2022)
Ausbildung Sonderfach Allgemein- und Familienmedizin (nach ÄAO2015, 5. Novelle)
- Basisausbildung:
9 Monate - Sonderfach-Grundausbildung:
33 Monate - Sonderfach-Schwerpunktausbildung:
18 Monate im Endausbau ab 01.06.2030
6 Monate zu Beginn ab 01.06.2026
(jährliche Verlängerung um 3 Monate bis zum Endausbau)
Mehr zu den Änderungen von der Ausbildung Allgemeinmedizin zu FA AFM in der 5. Novelle der ÄAO finden Sie hier.
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