ÄAO 2015 – 5. Novelle: Fachärzt:in für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
10. Januar 2025 | Zuletzt aktualisiert am 14. Januar 2025
Die wesentliche Änderung in der 5. Novelle der Ärzteausbildungsordnung (ÄAO) 2015 ist sicher die Einführung des Facharztes / der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Dies löst den Arzt / die Ärztin für Allgemeinmedizin ab. Ich schreibe über die wesentlichen Änderungen, die in der 5. Novelle der ÄAO 2015 (BGBl. Nr. 381/2024) am 18. Dezember 2024 kundgemacht wurden. Der Schwerpunkt liegt auf den Änderungen von Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin zu FA/FÄ für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. In der konsolidierten Fassung im RIS-System sind noch nicht alle Änderungen der 5. Novelle ersichtlich (10.01.2025), weil manche erst mit 01.06.2026 in Kraft treten. Die einzelnen Änderungen treten bzw. traten zu insgesamt drei Zeitpunkten in Kraft.
Was ändert sich durch die 5. Novelle der ÄAO 2015?
Neue Definitionen und Schwerpunktsetzung in der 5. Novelle ÄAO 2015
Tritt ab 01.06.2026 in Kraft:
- Der Begriff „Allgemeinmedizin und Familienmedizin“ ersetzt an mehreren Stellen die vorherige allgemeine „Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin“.
- Ziel ist eine stärkere Betonung der umfassenden hausärztlichen Betreuung sowie der Primärversorgung mit interdisziplinärer Zusammenarbeit.
Bereits in Kraft sind Ergänzungen bei Kompetenzniveau „Fertigkeiten“ und „Kenntnisse“. Es sind seit 19.12.2024 ´Fertigkeiten zur Nutzung von digitalen Technologien im Gesundheitssystem´nötig und als Kenntnisse ´Maßnahmen zur Patientinnen-/Patientensicherheit, das heißt die Vermeidung unerwünschter Ereignisse, die zum Schaden der Patientinnen/der Patienten führen können´ verlangt.
Umfang und Inhalt der fachärztlichen Ausbildung
Tritt ab 01. 06.2026 in Kraft.
Unter dem Titel des 2. Abschnittes „Gemeinsame Bestimmungen für die fachärztliche Ausbildung“ wurde der neue §5.a „Umfang der Ausbildung“ eingefügt. Hier sind Struktur, Umfang und Inhalte festgelegt. Die fachärztliche Ausbildung besteht weiterhin aus 9 Monaten Basisausbildung, einer Sonderfach-Grundausbildung und einer Sonderfach-Schwerpunktausbildung und der abschließenden fachärztlichen Prüfung. Die jeweilige Dauer ist letztlich in der Anlage des jeweiligen Sonderfaches (Anlagen 1 bis 32) festgelegt. Abschnitt 3 „Erfordernisse für die Ausbildung zur Fachärztin/zum Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin“ umfasst §§10-13, wobei §§10 und 11 komplett erneuert wurden. Neu benannt wurde auch Abschnitt 4 „Erfordernisse für die Ausbildung zur Fachärztin/zum Facharzt eines Sonderfaches, ausgenommen Allgemeinmedizin und Familienmedizin“. Er umfasst die §§15-18a. Hier gab es keine substanziellen Änderungen außer der Überschrift und die Aufnahme der Gewaltprävention.
- Allgemeinmedizin und Familienmedizin wird neu aufgenommen und hat eine Mindest-Ausbildungsdauer von 60 Monaten (Basisausbildung, Sonderfach-Grundausbildung und -Schwerpunktausbildung).
- Die Sonderfach-Grundausbildung dauert 33Monate und findet großteils intramural statt. Maximal 6 Monate können in spezifizierten Sonderfächern des Fächerkanons extramural in Form einer Lehrpraxis anerkannt werden.
- Die Sonderfach-Schwerpunktausbildung findet im extramuralen Bereich statt.
- Digitalisierung und Patientensicherheit werden als Kernkompetenzen in der Ausbildung verankert. (Bereits mit 19.12.2024 in Kraft getreten)
- Gewaltprävention und -erkennung: Stärkere Fokussierung auf die Früherkennung von Gewalt sowie auf geeignete Interventionsmaßnahmen.
- Fachspezifisches Mentoring: Die Ausbildung zur Allgemeinmedizin und Familienmedizin hat unter Beiziehung facheinschlägiger Mentor:innen zu erfolgen.
Anrechenbare Ausbildungszeiten
Die Anrechenbarkeit von Ausbildungszeiten bleibt eigentlich gleich, es ändert sich am 01.06.2025 von §14 zu §9.
- Zeiten von Milizübungen, Mutterschutz und Karenz wurden explizit auf die Ausbildungszeit angerechnet, begrenzt auf maximal ein Sechstel der gesamten Ausbildungszeit.
Zumindest dachte ich zuerst, dass alles gleich bleibt. Stimmt aber nicht. Der Teufel liegt im Detail. Es werden zwei Ziffern ergänzt. (6) wird mit0 1.06.2026 gültig. (7) ist seit 01.01.2025 gültig, laut Übergangsbestimmungen, findet sich allerdings nicht in der aktuellen Version im RIS. Hier muss ich noch genauer nachforschen und dann aktualisieren. Ich hab echt viel gelernt bei der Erstellung dieses Blogartikels, der Teufel liegt im Detail.
Übergangsbestimmungen
Alte Übergangsbestimmungen in der ÄAO2015
In der ÄAO 2015 gibt es ja bereits einige Übergangsbestimmungen, da es auch davor schon Novellen gab bzw. noch Übergangsbestimmungen gibt, die noch aus der alten ÄAO 2006 kommen, wie z.B. die aufrechte Ausbildungsberechtigung bis 31.05.2027 für in der ÄAO 2015 nicht mehr existente Facharztbezeichnungen.
Was heißt das?
Damit sind FÄ für Psychiatrie bzw. Kinderpsychiatrie gemeint ohne den Zusatz „Psychotherapeutische Medizin“ und Orthopäden und Unfallchirurgen, die kein Doppelfach haben bzw. nicht für die neue Sonderfachbezeichnung „Orthopädie und Traumatologie“ optiert haben. Alle diese FÄ dürfen ab 01.06.2027 keine Jungärzt:innen mehr ausbilden.
Änderungen in bereits bestehenden Übergangsbestimmungen
- Änderung in §30 betreffend FÄ für Psychiatrie und Kinder- und Jugenspsychiatrie seit 1.1.2025 in Kraft. Da geht es um die Änderung der FA-Bezeichung auf mit „und Psychotherapeutische Medizin“. Damit können diese FÄ weiter die jungen Kolleg:innen ausbildung, wenn sie dieser Möglichkeit folgen. Das gab es schon, es wurde nur ein Satzteil zugefügt wegen der Änderung des Psychotherapiegesetzes 2024.
Übergangs- und Schlussbestimmung zur 5. Novelle der ÄAO 2015
„Übergangs- und Schlussbestimmung zur 5.ÄAO 2015-Novelle.“ Die Überschrift samt (1) und (2) ist seit 01.01.2025 in Kraft.
Absatz (3), (4) und (5) treten mit 01.06.2026 in Kraft, wenn die Ausbildung zur FÄ/zum FA für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (AMF) gestartet werden kann.
- Seit 01.01.2025 können Ärzt:innen für Allgemeinmedizin die Bezeichnung „Fachärzt:in für Allgemeinmedizin und Familienmedizin“ erwerben.
- Mit Beginn der Ausbildung zum FA AMF treten auch die Übergangsbestimmungen in Kraft. Diese gelten für alle, die bis zum 31.05.2023 mit der Basisausbildung begonnen haben. Es gibt zwei wesentliche Punkte:
- Dermatologie und HNO gelten bis dahin noch als Wahlfächer und daher sind 3 Wahlfächer möglich.
- Die Dauer der Sonderfach-Schwerpunktausbildung ist kürzer und wird gestaffelt verlängert auf die Zieldauer von 18 Monaten.
Bei der Übergangsbestimmung in der ÄAO2015 wird in dem ab 01.06.2026 gültigen Teil auf das Ärztegesetz1998 auf §257 verwiesen. Der ist auch noch nicht gültig und in BGBl. I Nr. 21/2024 zu finden. Ich finde diese Sucherei ziemlich mühsam und bin grade froh keine Juristin zu sein. Gemäß meinem Motto 2025 „Helle Freude“.
FAQ
Wer kann den neuen Facharzt Allgemeinmedizin und Familienmedizin erwerben?
Ärzt:innen für Allgemeinmedizin, die bestimmte Anforderungen erfüllen. Ich verweise hier auf die Website der Österreichischen Ärztekammer, da noch weitere Rechtsvorschriften zu erwarten sind und ich das hier nicht so aktuell halten kann wie die ÖÄK als Standesvertretung.
Wie komme ich als Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin zur neuen Facharztbezeichnung?
Das Ansuchen ergeht mittels Formular der ÖÄK an die Ärztekammer.
Ab wann kann man die Ausbildung zum FA AMF beginnen?
Die Ausbildung kann man ab 01.06.2026 starten.
Wie ist der neue Fächerkanon in der Sonderfach-Grundausbildung zum FA AMF?
Der genaue Fächerkanon für die fachärztliche Ausbildung findet sich in Anlage 1 der ÄAO 2015 ab 01.06.2026 bzw. jetzt im BGBl. 381/2024
2. 33 Monate Sonderfach-Grundausbildung
2.1. in folgenden Sonderfächern zumindest in der jeweils angegebenen Dauer
2.1.1. Allgemeinmedizin und Familienmedizin (6 Monate)
2.1.2. Innere Medizin (6 Monate)
2.1.3. Kinder- und Jugendheilkunde (3 Monate)
2.1.4. Orthopädie und Traumatologie (3 Monate)
2.1.5. Neurologie (3 Monate)
2.1.6. Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin (3 Monate)
2.1.7. Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (3 Monate)
2.1.8. Haut- und Geschlechtskrankheiten (3 Monate)
2.2. ein weiteres Wahlfach in der Dauer von zumindest 3 Monaten aus folgenden Sonderfächern:
2.2.1. Anästhesiologie und Intensivmedizin
2.2.2. Augenheilkunde und Optometrie
2.2.3. Allgemein- und Viszeralchirurgie
2.2.4. Frauenheilkunde und Geburtshilfe
2.2.5. Urologie
2.2.6. Radiologie
2.2.7. Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation
2.2.8. Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
Gibt es beim Fächerkanon in der Ausbildung zum FA AMF eine Übergangsfrist?
Wie unterscheidet sich der Fächerkanon FA AMF vom Spitalsturnus Allgemeinmedizin?
Wie lange dauert die neue Ausbildung zum FA AMF?
Die Sonderfachausbildung Allgemeinmedizin und Familienmedizin dauert in der Endausbaustufe insgesamt 60 Monate. Sie besteht aus
- 9 Monate Basisausbildung
- 33 Monate Sonderfach-Grundausbildung
- 18 Monate Sonderfach-Schwerpunktausbildung (ab 01.06.2023)
- Fachärztliche Prüfung
Die Sonderfach-Schwerpunktausbildung verlängert sich von 6 Monaten zum Zeitpunkt des in Kraft Tretens der 5. Novelle am 01.06.2026 sukzessive auf 18 Monate ab einem Ausbildungsbeginn mit 01.06.2030.
Wie verlängert sich die Dauer der Ausbildung zum FA AMF während der Übergangsbestimmungen?
Die Übergangsbestimmung über die Dauer der Sonderfach-Schwerpunktausbildung des Sonderfaches Allgemeinmedizin und Familienmedizin findet sich im ÄG1998 §257. Abhängig vom Zeitpunkt des Beginns der Basisausbildung gemäß §6a ÄAO ist die Sonderfach-Schwerpunktausbildung – abweichend von der achtzehnmonatigen Dauer gemäß §7 Abs. 1 Z 2 – in verkürzter Dauer zu absolvieren:
- sechs Monate bei einem Beginn ab dem 1. Juni 2026 bis zum 31. Mai 2027,
- neun Monate bei einem Beginn ab dem 1. Juni 2027 bis zum 31. Mai 2028,
- zwölf Monate bei einem Beginn ab dem 1. Juni 2028 bis zum 31. Mai 2029,
- 15 Monate bei einem Beginn ab dem 1. Juni 2029 bis zum 31. Mai 2030
Sonstige Änderungen
- Grammatikalische und redaktionelle Korrekturen (z. B. „Fachärztinnnen“ zu „Fachärztinnen“), sind am Tag nach Verlautbarung in Kraft getreten.
Was sonst noch zu sagen oder zu fragen ist
Die komplette Umsetzung des Fächerkanons wird für viele Träger eine Herausforderung. Waren doch bis 2015 die Fächer Dermatologie, HNO und Neurologie verpflichtend und wurden oft als Flaschenhals bezeichnet. Ab 01.06.2023 müssen alle zukünftigen FÄ für Allgemeinmedizin und Familienmedizin je drei Monate in diesen Sonderfächern ableisten. Das ist um je ein Monat mehr als bei der ÄAO2006. Pro genehmigter Ausbildungsstelle können dann pro Jahr je 4 Turnusärzt:innen (TÄ) ausgebildet werden. Damals waren es 6 TÄ pro Jahr pro Ausbildungsstelle.
Insgesamt können in der Sonderfach-Grundausbildung im Sonderfach (SF) AMF maximal 6 Monate in einer Lehrpraxis absolviert werden. Ich werde über die zukünftige fachärztliche Ausbildung zur AMF noch einen extra Artikel schreiben.
Als Grundlage der Änderungen der ÄAO2015 wurde auch das Ärztegesetz1998 (ÄG1998) geändert. Auch hier gibt es ein in Kraft Treten zu verschiedenen Zeitpunkten. Die für die fachärztliche AMF-Ausbildung relevanten Teile treten ebenfalls erst mit 01.06.2026 in Kraft.
Was halten Sie davon?
Ich freue mich auf Ihre Kommentare.
Ich bin keine Juristin, sondern Ärztin. Dieser Artikel zeigt einen Ausschnitt aus den zitierten und verwendeten Gesetzen. Ich wollte einen kurzen Überblick geben über die Änderungen, v.a. bezüglich des kommenden SF AMF. Für alle, die mehr wissen wollen, sind alle Gesetze auch verlinkt. Bei konkreten juristischen Fragen ist die Ärztekammer eine gute Ansprechstelle.
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