Selbsteinschätzung als Schlüssel zur ärztlichen Expertise – Insights aus der Basisausbildung
22. August 2025

Erkenntnisse aus der Basisausbildung im Wiener Gesundheitsverbund
Ärzt:in wird man nicht über Nacht. Kompetenzen entwickeln sich Schritt für Schritt – im Alltag, im direkten Patientenkontakt, im Team. Und genau dort, im klinischen Alltag, entscheidet sich, wie gut wir lernen, reflektieren und wachsen.
Eine aktuelle Studie aus dem Wiener Gesundheitsverbund zeigt: Selbsteinschätzung ist ein zentraler Motor für selbstgesteuertes Lernen.
Warum Selbsteinschätzung so wichtig ist
Selbstgesteuertes Lernen bedeutet, die Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen. Das gelingt nur, wenn ich weiß, wo ich gerade stehe – und wo noch Lücken sind.
- Zu kritisch? Junge Ärzt:innen, die von Expert:innen als überdurchschnittlich eingeschätzt werden, neigen dazu, sich selbst sehr streng zu bewerten.
- Zu optimistisch? Wer weniger sicher ist, überschätzt sich nicht selten.
Beides ist menschlich. Aber beides kann in der Ausbildung problematisch sein. Deshalb braucht es: strukturiertes Feedback und eine Kultur, die ehrliche Selbsteinschätzung erlaubt.
Die Basisausbildung: Lernen im 3×3-Monats-Rhythmus
Im österreichischen Basisausbildungsturnus rotieren Turnusärzt:innen durch drei Abteilungen – jeweils drei Monate.
Das Logbuch des WIGEV begleitet diese Reise. Es enthält:
- Lernziele der ÖÄK auf drei Stufen: Kenntnis, Erfahrung, Fertigkeit.
- Selbst- und Fremdeinschätzungen zu definierten Zeitpunkten.
- Reflexionsaufgaben, die zum Innehalten anregen.
Die Studie zeigt: Nach einem Abteilungswechsel schätzen viele Turnusärzt:innen ihre Zielerreichung niedriger ein. Rotation zwingt dazu, Kompetenzen in einem neuen Kontext neu zu überprüfen – und fördert so eine realistische Selbsteinschätzung.
Ergebnisse auf einen Blick
- Sowohl Selbst- als auch Fremdeinschätzungen steigen über die Ausbildungszeit an – wenn auch mit Schwankungen.
- Am Ende der 9 Monate sehen drei Viertel der Turnusärzt:innen ihre Lernziele als erreicht.
- Ein Viertel benennt bei mindestens 10 % der Lernziele weiteren Lernbedarf – unabhängig von der Klinik.
- Am größten bleibt der Lernbedarf im Bereich Fertigkeiten.
Das Entscheidende: Die Bereitschaft zur ehrlichen Reflexion ist da.
Was heißt das für Jungärzt:innen?
- Nutzen Sie jede Gelegenheit zur Selbsteinschätzung – ehrlich, kritisch, ohne Angst.
- Suchen Sie Feedback von Supervisor:innen aktiv ein. Nur so gleichen sich Selbst- und Fremdbild an.
- Verstehen Sie das Logbuch nicht als Pflichtübung, sondern als Werkzeug für Ihre Lernkurve.
Was heißt das für Lehrende?
- Geben Sie konkretes, zeitnahes Feedback auf klinische Aufgabenstellungen.
- Machen Sie klar: Selbsteinschätzung ist keine Bewertung, sondern eine Chance.
- Fördern Sie ein Klima, in dem Lernbedarf offen ausgesprochen werden darf.
Fazit
Selbsteinschätzung ist kein „Nice-to-have“, sondern der Schlüssel für nachhaltiges Lernen im Arztberuf.
Das Logbuch und die strukturierte Reflexion in der Basisausbildung zeigen: Wer regelmäßig innehält, Feedback einholt und die eigene Lernkurve bewusst betrachtet, wächst schneller – und sicherer – in die ärztliche Rolle hinein.
👉 Den Volltext des Artikels finden Sie hier: GMS Journal for Medical Education 2024;41(4):Doc42
Quelle: Khünl-Brady-Ertl G, Oeser R, Seemann-Hlawati B, Varga K, Wagner-Menghin M. Selbstgesteuertes Lernen in der postgradualen Ärztinnenausbildung: Selbst- und Fremdeinschätzung der Kompetenzentwicklung im österreichischen Basisausbildungsturnus. GMS J Med Educ. 2024;41(4):Doc42.*
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