Notärzt:in werden in 12 Schritten
Notärzt:in sein, das ist schon was!
Ich bin keine. Aber ich weiß, wie man es werden kann. Und zwar in 12 Schritten auch schon während der postgradualen Ärzteausbildung.
Akute, lebensbedrohliche Situationen beherrschen. Prioritäten setzen und schnell entscheiden. Leben retten.
Das zu können, das zu sein ist das Ziel vieler, die sich für ein Medizinstudium entscheiden. Doch was braucht es dafür, um Notärzt:in zu werden?
Motivation, das Ziel und einen Plan, das Ziel zu erreichen auf jeden Fall.
Den Plan finden Sie hier, die Motivation bringen Sie selbst mit!
Ich fokussiere mich jetzt mal auf den rechtlichen Aspekt der notärztlichen Aus- bzw. Weiterbildung in Österreich und zeige die wesentlichen Schritte auf dem Weg zum Ziel „Notärzt:in sein“ auf.
Notärzt:innen-Verordnung
Die Ausbildung zum Notarzt / zur Notärztin ist in der „Notärztinnen/Notärzte-Verordnung“ (NA-V) der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) festgelegt. Sie regelt die Qualifikationserfordernisse bis zur Prüfung. Zum Erwerb berechtigt sind Allgemeinmediziner:innen (AM) und Fachärzt:innen (FÄ) der meisten Sonderfächer (SF) sowie Turnusärzt:innen (TÄ) in Ausbildung zur Allgemeinmedizin und in fast allen Sonderfächern. Alle in Österreich existierenden SF sind in der Ärzteausbildungsordnung ÄAO 2016 im §15 zu finden. Nicht Notärzt:innen werden können die in §15 Abs 1 Z14 bis 16 ÄAO 2016 ausgebildeten Kolleg:innen (Klinisch-Immunologische SF, Klinisch-Pathologische SF und Klinisch-Mikrobiologische SF).
Das Notarztdiplom kann nach frühestens 33 Monaten ärztlicher Tätigkeit erreicht werden und es müssen bestimmte Erfordernisse erfüllt sein (siehe unten Punkte 1 bis 4). Über die Zulassung zum Einsatz wird von einer befugten Person nach Erreichung des Notarztdiploms entschieden, z.B. bei der Berufsrettung Wien entscheidet der Chefarzt der Berufsrettung über die Akkreditierung als Notärzt:in. Die Punkte 1-3 können innerhalb von 33 Monaten erreicht werden. Zumindest theoretisch.
- Die Bestätigung für die 33-monatige notärztliche klinische Qualifikation ist in einem Rasterzeugnis (Anlage 2 der NA-V) nachzuweisen. [§6 NA-V] Die Unterschrift wird durch die anleitende FÄ oder AM geleistet.
- Notärztlicher Lehrgang: 80 LE à 45 Minuten, davon zumindest 50 LE theoretisch und zumindest 20 LE praktisch – Anbieter kann eine Prüfung anbieten am Ende. [§8 NA-V]
- Notärztliche Einsätze: 20 dokumentierte Einsätze mit Patientenversorgung im Logbuch der ÖÄK (Anlage 4 der NA-V), wobei TÄ dieser unter verpflichtender notärztlicher Supervision von NÄ zu absolvieren haben. Für fertige Ä ist diese direkte Supervision freiwillig, wobei eine Nachbesprechung mit einer NÄ Supervision zu erfolgen hat.
- Abschlussprüfung zum Notarzt: wird nach den Vorgaben der NA-V §§ 13 bis 27 von der Österreichischen Akademie der Ärzte organisiert.
- Notarztdiplom: wird durch die ÖÄK ausgestellt und ist 3 Jahre gültig.
- Akkreditierung als Notärzt:in in Wien durch Chefarzt der Berufsrettung Wien.
Los geht’s! In 12 Schritten zur Notärzt:in:
Wie gehen Sie das jetzt konkret an – das „Notärzt:in werden“? Mit dem ersten Tag der Basisausbildung kann der Weg beginnen. Sie haben zumindest 33 Monate klinische Ausbildung Zeit, während der Sie nötige Kenntnisse erwerben, Erfahrungen sammeln und Fertigkeiten trainieren.
Am Anfang steht der Wunsch.
Daraus wird ein konkretes Ziel, das Sie auf einzelne Schritte herunterbrechen können.
Die offiziellen Lernziele der Ausbildung finden Sie in Anlage 1 der NA-V. Dort sind alle Lehrinhalte für die „Notärztliche klinische Qualifikation“ aufgelistet und nach zu erreichendem Kompetenzniveau, Kenntnisse, Erfahrungen, Fertigkeiten, geordnet. Für Fertigkeiten gibt es Richtzahlen, die zumindest erreicht werden müssen.
Schritt 1: Anlage 1 ausdrucken & ansehen. Ich empfehle dies, als Checkliste zu verwenden und darauf zu dokumentieren (inkl. Datum)
Schritt 2: Teilen Sie Ihren Wunsch Notärzt:in zu werden mit: besprechen Sie Ihre Rotationswünsche mit den an der Ausbildungsstätte zuständigen Personen. Sie werden Unterstützung finden!
Wesentlich ist eine Rotation auf die Anästhesie-Abteilung zwecks Intubationen lernen und Richtzahlen erreichen. Leute, die ein Sonderfach anstreben, sollten es schon in die Basisausbildung einbauen, neben Chirurgie und Innere. Für zukünftige Allgemeinmediziner:innen ist es im Wahlfach möglich. Überhaupt unterstützen die vorgeschriebenen Rotationen in der AM-Ausbildung die Erreichung der Lernziele: Gynäkologie & Geburtshilfe, Kinder, Innere Medizin, als Wahlfach noch Neurologie … eine Notaufnahme wäre auch noch gut.
Schritt 3: Haben Sie Ihre Checkliste immer dabei und dokumentieren Sie gleich darauf die neuen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten.
Schritt 4: Drucken Sie das Rasterzeugnis aus und lassen Sie am Ende jeder Abteilung unterschreiben, was Sie gelernt haben.
Schritt 5: Nutzen Sie alle Möglichkeiten an Ihrer Ausbildungsstätte, um zu lernen, zu üben, zu trainieren, z.B. in SIM-Zentren, also Zentren, in denen Sie notärztliche Situationen trainieren können. Auch die Wiener Ärztekammer bietet z.B. US-Kurse an.
Das Curriculum notärztlicher Lehrgang (80 UE) wird von verschiedensten Anbietern umgesetzt. Fragen Sie Kolleg:innen, stöbern Sie im Internet. Sinnvoll ist es ab Ende 2. Jahr / Anfang 3. Jahr der postgradualen Ärzteausbildung. Jedenfalls vor den 20 zu dokumentierenden Primäreinsätzen. Kurskosten derzeit ab 1250€ (Stand Herbst 2023).
Schritt 6: Anmeldung zum „Notarztkurs“ beim gewünschten Anbieter. TIPP: fragen Sie Ihren Arbeitgeber bezüglich finanzieller Unterstützungsmöglichkeiten und für Sonderurlaub.
Schritt 7: Absolvierung des Notarztkurses.
20 supervidierte Primäreinsätze im Notarzt-Einsatz-Fahrzeug (NEF) – wie komm’ ich jetzt dazu, fragen Sie sich?
Fragen Sie mal nach in der ärztlichen Direktion oder an der Notfallabteilung Ihrer Klinik. Die kennen sich damit aus. Und wenn es an der Klinik keinen NEF-Stützpunkt gibt, gibt es sicher eine Vereinbarung mit „außerhalb“.
Schritt 8: organisieren Sie sich die Möglichkeit für supervidierte NEF-Fahrten. TIPP: Holen Sie sich Hilfe dabei von Menschen, die das schon gemacht haben, bei der Abteilungsleitung der Notaufnahme oder in der ärztlichen Direktion.
Schritt 9: vor der ersten Fahrt drucken Sie sich das Logbuch für die notärztlichen Einsätze aus und nehmen Sie es mit, dokumentieren Sie immer zeitnah.
Sie haben jetzt mindestens 33 Monaten klinische Ausbildung hinter sich: Haben Sie die Lernziele und Richtzahlen erreicht? Den Notarztkurs absolviert? 20 Primäreinsätze unter Supervision gefahren und dokumentiert?
Gratuliere!
Dann kann die Anmeldung für die Prüfung erfolgen, und zwar mindestens 10 Wochen vor dem gewünschten Termin. Wenn Sie alle Anforderung für die Zulassung erfüllen, werden Sie zur Prüfung zugelassen.
Schritt 10: Kontrollieren Sie nochmal, ob Sie alles können und das dokumentiert haben. Überprüfen Sie das Rasterzeugnis und Ihr Logbuch auf Vollständigkeit und lassen Sie das Rasterzeugnis fertig unterschreiben und stempeln. TIPP: kopieren Sie Ihr fertiges RZ und / oder scannen Sie es ein.
Schritt 11: Melden Sie sich zur Prüfung an! TIPP: Lernen Sie gemeinsam mit Kolleg:innen. Nützen Sie alle Möglichkeiten auch praktisch Ihr Wissen und Ihre Fertigkeiten anzuwenden.
Schritt 12: Treten Sie zur Prüfung an. Viel Erfolg!
Die Prüfung
Die Prüfung erfolgt im Inland in deutscher Sprache und hat einen theoretischen und praktischen Teil mit 4 Stationen. Sie wird organisiert von der Arztakademie. Sie findet bis zu 4x / Jahr statt. Man darf maximal 5-mal antreten.
Das Notarztdiplom
wird von der Ärztekammer ausgestellt und zugeschickt.
Die Akkreditierung
braucht es z.B. um für die Berufsrettung Wien Notarzt-Einsätze fahren zu dürfen. Über Ihre Eignung dazu entscheidet der Chefarzt der Wiener Rettung. Fragen Sie einfach nach, wie das bei Ihnen in der Gegend so läuft. Mittlerweile haben Sie sicher Ihr eigenes Netzwerk, das Ihnen dabei helfen kann.